durch die Maggia Schlucht an den Lago Superiore
EIN TAG DER WECHSEL
Seit zwei Tagen sind wir nun am Lago Maggiore, doch heute wechseln wir wieder unseren Standort. Es geht langsam Richtung Heimat, aber die nächste Nacht wollen wir am Bergsee im Zelt verbringen. Als ich kurz nach Sieben aufgewacht bin, musste ich mit entsetzen feststellen, dass Raik neben mir das komplette Zelt schon ausgeräumt hat.
ERNEUTE SUCHE NACH EINEM CAFÉ
Wahrscheinlich hätten sie mich wegtragen können, während ich mit Stöpsel in den Ohren geschlummert habe. Raik ist schon wach und hat seinen Schlafsack und die Matratze schon im Auto verstaut. Gestern haben wir beschlossen, dass wir unser Frühstück heute Morgen auf dem campingplatzeigenen Restaurant zu uns nehmen. Kurzerhand werfen wir unser Vorhaben über Board und laufen nochmals in den Ort. Obwohl wir unser Zelt abgebaut und alles noch verstaut haben, ist es noch viel zu früh. Kurz vor Acht treffen wir an der Uferpromenade ein und steuern die Bar Dolce+Caffé an, die wir gestern Morgen entdeckt haben, aber uns für eine Zweite entschieden haben.
EINKAUFEN FÜRS ABENDESSEN
Nachdem unsere Rechnung bezahlt ist, steuern wir noch den Supermarkt Carrefour an. Er ist sehr klein, hat aber alles was man zum „Überleben“ braucht. Wir decken uns mit vielen Leckereien ein. Wurst, Käse, Brot, Marmelade u.v.m. Schließlich wollen wir heute Nachmittag picknicken und morgen früh auch noch was zum Essen haben. Die Einkäufe wandern in unsere elektrische Kühlbox, die wir am Zigarettenanzünder unseres Autos angeschlossen haben.
AUF IN DIE HÖHEN
Unsere Fahrt führt uns wieder über die Schweizer Grenze. Nach Ascona biegen wir links in die Berge ab. Der Weg führt uns entlang des Flusses durch die Maggia Schlucht. Kleine Dörfchen sind in die Landschaft eingebunden. Meter für Meter wird mir mehr bewusst, wie die Menschen in den Wintermonaten hier leben. Kaum vorzustellen, dass ich als Warmblüter das einen ganzen Winter aushalten kann.
DER WEG IST DAS ZIEL
An einigen Stellen halten wir an, um etwas zu fotografieren. Das Licht wird aber leider schon langsam hart und die Landschaft immer mehr unfotogen. Es ist bereits Mittag, somit beschließen wir an dem Ristorante al Ponte, was direkt an der Straße auf uns wartet, anzuhalten und ein wenig Pasta zu vertilgen. Wir sitzen oberhalb des Flusses und können die Fische, die darin schwimmen, beobachten. Wir sitzen zwar an der Straße, doch der wenige Verkehr stört die Ruhe überhaupt nicht. Die Sonnen erwärmt unsere Gesichter.
KURZER FOTOSTOP
Einige Minuten später treffen wir in Mogno im District Fusio ein. Hier soll es eine Kirche geben, die sehr oft von Architektur-Fotografen abgelichtet wird. Wir parken am Ortsende und laufen die paar Minuten zu Fuß hoch. Dort angekommen hält das Innere, was der Eingang zur Kirche schon angekündigt hat. Formen, Farben, Quadrate, Rundungen, Linien – der Kreativität sind dort keine Grenzen gesetzt.
DIE ORTE WERDEN IMMER KLEINER
Wir fahren weiter gen den Bergen. Die Orte werden immer kleiner und plötzlich hört die Zivilisation am Lago del Sambuco auf. Doch wir sind noch immer nicht am Ziel. Raik fährt weiter und plötzlich stehen wir in mitten einer Herde Ziegen. Sie schreien um die Wette. Ich muss die Fenster schließen, denn der Gestank stockt mir den Atem. Es scheint als hätte der Ziegenpeter alle zum Fressen gerufen. Vereinzelte Gruppen aus den Bergen stoßen immer wieder zur Herde. Raik macht einen kurzen Fotostop, während ich im Auto bleibe. Aus der Ferne höre ich ein jämmerliches Schreien. Es wird lauter. Dann plötzlich kommt eine weiße Ziege hinterher gerannt, so nach dem Motto: „Wo seid ihr alle? Wieso rennt ihr einfach weg und nehmt mich nicht mit?“ Eine urkomische Situation.
WIR NÄHERN UNS DEM ZIEL
Weiter geht die Fahrt und die Serpentinenstraße verbietet eine Umkehr. Wir schrauben uns immer weiter nach oben. Auf dem kompletten Weg haben wir ständig Rennradfahrer überholt, die sich wagemutig Kurve für Kurve den Hang hinauf kämpfen. Selbst hier oben – wir sind nun an der Baumgrenze angekommen – quälen sie sich den Asphalt hoch. Und endlich: Der erste See zeigt sich uns. Wir sind nicht allein. Das Auto neben uns auf dem Parkplatz ist mit Schlafsack und Co. vollgeladen. Es scheint, als hätte da noch wer die gleiche Idee gehabt. Nachdem wir die Gegend erkundet haben, geht es weiter zum nächsten See.
DAS WETTER SCHLÄGT UM
Die Straße gabelt sich und führt linker Hand über einen Stausee, den „Lago di Naret“. Es ist das Ende der Asphaltstraße. Wir müssen nun über Schotter und Schlaglöcher unser Auto behutsam bewegen. Es ziehen Wolken auf, aber wir haben noch nicht alles erkundet. Das Auto stellen wir an der Straße ab, schnappen uns etwas dickere Kleidung und laufen die letzten 500 Meter zu Fuß. Diese Strecke können wir unserem Auto einfach nicht zumuten. Ein hochbeiniger Allrader wäre jetzt super. Oben angekommen, fängt es an zu gewittern. Es ist leider nicht so schön wie erhofft und diesen Fotostop können wir von der Liste streichen. Auf dem Rückweg fängt es an zu tröpfeln. Es wird immer nasser und so kommen wir durchnässt am Auto an. Die Temperaturen sind im Vergleich zum Lago Maggiore ziemlich kalt und wir sind froh, im warmen Auto zu sitzen.
EIN PLÄTZCHEN FÜR HEUTE NACHT SUCHEN
Der Regen lässt langsam wieder nach.Wir checken für einen kurzen Moment noch die Umgebung und beschließen dann langsam wieder zurück zu fahren, um uns unser Nachtquartier auszusuchen. Wir finden ein Plätzchen, an dem wir gut parken und unser Zelt ebenerdig und nicht gleich einsehbar abzustellen. Bei unserer Ankunft steht noch ein weiteres Auto vor Ort. Ein junges Pärchen mit ihrem echt süßen Hund, versucht sich mit dem Angeln fürs Abendessen. Während Raik die Umgebung erkundet, lege ich schon einmal unser Bier im Bergsee kalt.
PICKNICK UNTER ANNAHENDEM REGEN
Ich nutze den trockenen Moment, um die Picknick-Decke auszubreiten und unsere Einkäufe von heute Morgen anzurichten. Noch während ich Käse und Wurst auf die Teller lege, fängt es wieder leicht an zu tröpfeln. Also alles wieder in die Kühlbox. 10 Minuten später ein erneuter Versuch. Nun habe ich es auch geschafft Raik dazu zu bewegen, unsere Mägen zu füllen. Kaum sitzen wir und beginnen unsere Chiabatte-Brötchen aufzuschneiden, beginnt das Ganze von vorne. Wir trotzen dem Wetter, doch weitere 10 Minuten später müssen wir aufgeben.
KURZERHAND DAS AUTO UMFUNKTIONIERT
Unter geöffnetem Kofferraumdeckel stehen wir trocken und können unser Essen auf dem Ablage des Kofferraumes ausbreiten. Stehend im leichten Wind dürfen wir dann doch noch unser Abendessen zu Ende genießen. Als wir unsere Reste im Auto verstaut haben, bauen wir noch schnell unser Zelt auf. Kurz darauf zieht nun endgültig ein Gewitter auf.
DIE CHANCEN STEHEN 50-50
Nun sitze ich hier im Auto, beobachte wie die Scheiben beschlagen und draußen geht ein Regen runter, dass ich langsam aber sicher daran zweifle, heute Nacht bequem auf meiner Matratze zu liegen. Dummerweise habe ich das Zelt vorhin schon komplett eingeräumt. Matratze, Schlafsack, Kopfkissen und Schlafklamotten liegen alle schon an passender Stelle. Es schüttet was es kann und ich traue mich nicht einmal das Zelt zu verlassen, um unsere Habseligkeiten ins Trockene zu bringen.
EIN LETZTER VERSUCH
Als wir die Hoffnung schon verloren hatten, klart es langsam auf und wir können unser Auto verlassen. Zu meinem Erstaunen ist das Zelt noch immer trocken. Kaum zu glauben. Es ist kurz vor Sonnenuntergang und so fahren wir mit dem Auto noch ein paar Spitzkehren weiter hoch – in der Hoffnung, dass wir den Sonnenuntergang noch fotografieren können. Raik hatte mal wieder den richtigen Riecher. Am Horizont mischen sich Sonnenstrahlen mit Wolken und aufziehendem Regen. Es hat heftig abgekühlt, was uns aber nicht davon abhält dieses spucky Licht einzufangen.
MIT BIER GEMÜTLICH IM AUTO
Die Sonne ist untergegangen und es ist noch recht früh. Wir sitzen im Auto und gönnen uns noch ein Bier und warten bis wir schlafen gehen können. Komische Geräusche dringen an mein Ohr. Sie kommen näher. Raik und ich schauen uns an und stellen zeitgleich fest, dass die Ziegen wieder im Anmarsch sind. Oh nein, eigentlich wollte ich in Ruhe schlafen. Mit einem Heidenlärm zieht die erste Gruppe an unserem Auto vorbei. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Glocken für die Tiere nicht störend sind. Wenige Minuten später folgt die zweite Gruppe. Doch die will nicht weiterlaufen. Sie biegen ab und laufen an unserem Auto in Richtung See vorbei. Hey, was soll das? Ich will heute Nacht in Ruhe schlafen. Nachdem ich ans Autofenster geklopft habe, sind die Tiere schlagartig umgedreht und wir hatten unsere Ruhe. Du wirst es nicht glauben, aber kurze Zeit später ist ein erneutes Klingeln zu hören. Und siehe da.Wer ist der Nachzügler? Die weiße Ziege von heute Mittag. Mit annähernd gleich lautem Meckern wie vorhin, rennt sie der Meute hinterher. Wir kommen aus dem Lachen nicht mehr raus.
EINE RUHIGE NACHT WARTET AUF UNS
Wir krabbeln aus dem warmen Auto heraus und begeben uns in unseren Schlafsack. Mal schauen, ob wir überhaupt schlafen können. Ich bekomme mit, wie Raik ein paar Mal nachts nach Draußen geht, um den Sternenhimmel zu kontrollieren. Doch zu Anfang versperren ihm die Wolken die Sicht. Es wird immer kühler und so bin ich froh, dass ich mir noch eine zusätzliche Decke überlegen kann.
DER SONNENAUFGANG RUFT
Als mich Raik weckt, dämmert es schon ganz leicht. Wanderschuhe an, Rucksack geschnappt und ab ins Auto. Wir fahren wieder den Berg hoch, um einen schönen Ausblick über den See zu haben. Gerade eben ist ein Pickup an uns vorbei gefahren und hat jeden Kurve angehalten. Der Ziegenpeter ist ausgestiegen und hat seine Herde zusammengerufen. Als wir eine ganze Weile fotografiert haben, kommen die ersten Ziegen wieder aus den Höhen der Berggipfel herab und laufen in einem Affenzahn die Straße hinunter. Das gleiche Schauspiel wie gestern.
FRISCHEN KAFFEE UND LECKERE CORNETTI
Fotografieren zu gehen am frühen Morgen und ohne Frühstück ist immer wieder eine Qual für mich. Deshalb gehe ich auch so ungern in Deutschland raus. Wir freuen uns drauf gleich unser Frühstück zu bekommen. Als wir schon fast auf dem Rückweg zum Auto sind, hören wir ein erneutes Schreien. Erkennen können wir aber nichts. Irgendwann sehen wir in der Ferne ein weißer Punkt, der sich bewegt. Na, hast du es erraten? Unsere Meckerliese ist wieder zu spät dran, doch heute Morgen hat sie ein Junges im Schlepptau…
PS: Auf dem Heimweg mussten wir uns dann erneut durch die ruhende Ziegenherde kämpfen. Sie lagen auf der Straße und es war unmöglich mit dem Auto durchzukommen. So musste ich aussteigen und jede einzelne von der Straße wegkomplimentieren. Ist mir dann recht gut gelungen. Bis dann diese Eine nicht zu bewegen war. Schlussendlich habe ich dann ihr Hinterteil genommen und es hochgehoben. So musste sie aufstehen, aber der Kampf war noch immer nicht gewonnen. Das war die beste Lektion von: Die Sturheit der Ziegen!
Erzähle mir deine tierische Geschichte. Hast du auch schon so ein Trip hinter dir, bei dem das Wetter die Oberhand hatte? Schreib mir doch ein Kommentar!
Magst du noch ein paar Berichte über das Zelten und Fotografieren lesen, dann schau doch hier vorbei: